Was macht die internationale Divestment-Bewegung?

Obwohl die Verbrennung von Kohle Haupttreiber des Klimawandels ist, finanzieren Banken und Investoren immer noch mit Milliarden Euro die Kohleindustrie. Wie können große Investoren zum Abzug ihrer Gelder aus der Kohle bewegt werden? Aus ihrer Kampagnenpraxis berichtete Heffa Schücking, Mitgründerin und Geschäftsführerin von urgewald e.V., im Rahmen des 10. Münchner Klimaherbstes.

Angesichts von COP21 überraschen die zu Beginn des Vortrags genannten Zahlen: Weltweit werden momentan 1.200 bis 1.500 neue Kohlekraftwerke geplant, vor allem in Asien. Seit 2005, als das Kyoto-Protokoll in Kraft trat, ist die Verfeuerung von Kohle um 360 Prozent angewachsen – und das, obwohl Studien belegen, dass Kohle für ca. 60 Prozent des weltweiten CO2-Anstiegs verantwortlich ist.

Mit Menschen für Divestment
Laut urgewald wird die Kohleindustrie zu ungefähr gleichen Teilen durch Banken und Investoren finanziert. An dieser Finanzierung setzt die NGO an: Globale Geldströme sollen weg von fossiler hin zu grüner Energiegewinnung gelenkt werden. Dies treibt die kleine Organisation mit Sitz in Sassenberg (NRW) seit 1992 sehr erfolgreich mit gezielter Information und schlagkräftigen Kampagnen voran. Unter anderem kann es sich das bislang größte Kohle-Divestment eines einzelnen Investors – des Norwegischen Pensionsfonds (2016) – auf die Fahnen schreiben. Gefruchtet haben hier gezielte Information über die investierten Kohleunternehmen, die monatelange Kampagne „Dear Norway, please divest!“ sowie ein Auftritt im norwegischen Parlament. Ende 2015 hat sich auch der weltweit größte Versicherer Allianz zu einer Reduktion seiner Kohleinvestitionen entschieden. Auch hier war eine monatelange Kampagne von urgewald inkl. Auftritten von Betroffenen aus Kohleabbaugebieten auf der Hauptversammlung des Unternehmens vorausgegangen.

Transparenz als Schlüssel
Als wirkungsvoll, also „Impact Divestment“, definiert Schücking ein Divestment, das neben dem Abzug von Kapital neues Investment in fossile Energieträger verhindert – und das über die gesamte Kohle-Wertschöpfungskette: vom Abbau und Transport der Ressource, über den Bau der Kraftwerke, bis zum Prozess der Verstromung. Und hier liegt die Herausforderung: Der eigentliche Geschäftszweck bleibt häufig unklar, da diese Unternehmen in offiziellen Branchenverzeichnissen, wie z.B. dem Industry Classification Benchmark icb, nicht unter Kohle, sondern beispielsweise unter Energiedienstleister geführt werden. Dadurch sowie durch komplizierte Firmenverflechtungen ist es für Investoren oder Banken oft nicht transparent, in welche Geschäftsmodelle sie eigentlich investieren. Hier setzt das nächste große Projekt von urgewald an: Als ein Tool für die Divestment-Bewegung ist für Anfang 2017 die „Global Coal Exit List“ geplant. Zum ersten Mal werden Geldgeber darin auf einen Blick sehen können, welche Unternehmen weltweit im Kohlegeschäft tätig sind.

 

Foto: rulosapire / photocase.de

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