Mit dem nationalen Aktionsplan reagiert Deutschland reichlich spät auf die 2011 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Diese beschreiben Pflichten und Verantwortungsbereiche von Staat und Unternehmen zum Schutz der unveräußerlichen persönlichen Grundrechte. Und sie rufen Staaten auf, wirksame Handlungsanleitungen zur Achtung der Menschenrechte für Unternehmen bereitzustellen und Anreize zur Umsetzung zu schaffen. Mit dem Aktionsplan, der noch dieses Jahr im Bundeskabinett verabschiedet werden soll, kommt die Bundesregierung dem nach und will das Engagement Deutschlands sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen unterstreichen.
Mangelnde Verbindlichkeit
Ende Juni 2016 wurde von den Staatssekretären der beteiligten Bundesministerien der Entwurf für den Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte vorgelegt. Unter der Federführung des Auswärtigen Amtes haben dazu auch vielfältige Anhörungen mit Vertretern aller gesellschaftlichen Gruppen stattgefunden. Viele werden mit dem vorliegenden Entwurf nicht zufrieden sein, mit dem die Bundesregierung hinter ihren selbst gesteckten ambitionierten Zielen zurückbleibt. Anders als beispielsweise der französische oder der britische Aktionsplan sieht er gesetzliche Verpflichtungen, bei Geschäften im Ausland Menschenrechte einzuhalten, nur für öffentliche, nicht aber für private Unternehmen vor. Sollten diese auf freiwilliger Basis nicht genug tun, besteht die Option, 2020 verbindliche Maßgaben zu erarbeiten. Als Ziel wird ausgewiesen, dass „mindestens 50 % aller in Deutschland ansässigen Unternehmen mit über 500 Beschäftigten bis 2020 die Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert haben.“ Konkrete Vorschläge für Maßnahmen in den Unternehmen bleiben an dieser Stelle aus.
Kein Ausschluss aus Exportförderung
Ähnlich sieht es aus bei der finanziellen Unterstützung von deutschen Unternehmen bei Aktivitäten im Ausland: „Das detaillierte Prüfverfahren von Anträgen auf Übernahme von Exportkreditversicherungen, Direktinvestitionen im Ausland und ungebundenen Finanzkrediten wird im Hinblick auf die Einhaltung menschenrechtlicher Belange weiter intensiviert.“ In der Außenwirtschaftsförderung sind also weder wesentliche Änderungen noch konkrete Maßnahmen zu erwarten. In einer früheren Version des Entwurfs war noch angedacht, Firmen, die an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, von staatlichen Exportbürgschaften auszuschließen.
Am bedeutsamsten ist aber der Verzicht auf eine generelle Verpflichtung deutscher Unternehmen zur menschenrechtlichen Sorgfalt. Denn eine konkrete und bindende Aufforderung dazu ist im Nationalen Aktionsplan nicht vorgesehen. Wie bisher wird auf freiwillige Selbstverpflichtung und wohlmeinende Appelle gesetzt. Sofern allerdings keine „ausreichende Umsetzung“ erfolge, will „die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen“, so der Entwurf. Falls er im Sommer in dieser Form verabschiedet werden wird, wird der Aktionsplan lediglich freiwillige Vorgaben ohne effektive Anreize oder Sanktionen und keine gesetzlichen Vorgaben enthalten.
Vertane Chance
Nach dem Entwurf zu urteilen wird der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte wenig dazu beitragen, die Rechte der Schwächsten wirkungsvoll zu stärken und mit diesem Anliegen NGOs und Unternehmen weiter zusammenzubringen. Damit wurde die Chance vertan, in Deutschland ein geeignetes Instrument zur Sicherung und Wahrung von Menschenrechten in globalen Wertschöpfungs- und Lieferketten zu etablieren.