- Vorschlag für eine “Corporate Sustainability Reporting Directive” (CSRD) stellt Nachhaltigkeit auf eine Stufe mit Finanzinformationen
- Weitaus mehr betroffene Unternehmen und höhere Transparenztiefe
- Einführung von Berichtsstandards sehr wahrscheinlich
Die EU-Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (FISMA) veröffentlichte am 21. April 2021 den Vorschlag für ein Update der nichtfinanziellen Berichterstattungsrichtlinie (Non Financial Reporting Directive, NFRD). Da die erste Version als etwas zahnlos galt und ihr Adressatenkreis zu klein war, um echten Impact zu erzielen, wird die Richtlinie nun ausgeweitet. Die 2020 durchgeführte öffentliche Konsultation ließ schon eine recht konkrete Vorstellung zu, in welche Richtung die Entwicklung laufen könnte. Die nun vorgestellten Neuerungen überraschen deshalb nicht wirklich. Doch es gibt ein paar Ausnahmen.
Vorgeschlagene Änderungen im Überblick
Als gesetzt galt die Ausweitung der betroffenen Unternehmen. War in der NFRD noch die Rede von Organisationen im „öffentlichem Interesse“, wird jetzt die Wirtschaft im Ganzen als relevant angesehen. Berichtspflichtig werden bereits Unternehmen ab einer Größe von 250 Mitarbeitern, unabhängig davon, ob deren Anteile an einem öffentlichen Markt gehandelt werden. Bei den kapitalmarktorientierten Unternehmen fällt die Größenschwelle gänzlich weg – mit Ausnahme von „Mikrounternehmen“. Damit müssen in Deutschland ab 2024 mehr als 16.000 Unternehmen zu Nachhaltigkeit berichten.
Die Unternehmensführung und -aufsicht soll mehr Verantwortung für Nachhaltigkeitsthemen übernehmen. Das zeigt sich durch die Fixierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht und eine vorgeschriebene externe Prüfung, die allerdings zunächst noch mit begrenzter Sicherheit (Limited Assurance) erfolgen kann. Das Ziel, die bisherige Dualität von Finanz- und Nachhaltigkeitskennzahlen aufzulösen, drückt sich deutlich in der neuen Terminologie aus: Die „nichtfinanzielle Berichterstattung“ wird durch den Begriff der „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ ersetzt.
Die zu berichtenden Inhalte sollen konkretisiert, ausgeweitet und in Einklang mit der parallel laufenden Entwicklung der Sustainable Finance-Gesetzgebung gebracht werden. Darzustellen sind das Geschäftsmodell und die Geschäftsstrategie in Bezug auf Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen, die Kompatibilität mit einem 1,5 Grad-Szenario, Ziele und deren Fortschritt und auch die „Principal Adverse Impacts“, auf die die Finanzmarktteilnehmer für Angaben nach der Offenlegungsverordnung angewiesen sind. Neben retrospektiven Angaben werden ausdrücklich zukunftsgerichtete Angaben gefordert. Auch die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) wurden an mehreren Stellen fest verankert.
Spielregeln für alle Marktteilnehmer
Während die EU nun ein umfangreiches Gesetzespaket mit dem Ziel Nachhaltigen Wirtschaftens schrittweise umsetzt, favorisieren die USA die von der IFRS Foundation (International Financial Reporting Standards) angekündigten Berichtsstandards als Lösung. Diese wären zwar international, können aber nur einen kleinen Teil der für eine umfassende Steuerung notwendigen Daten bereitstellen und richten sich nur an Unternehmen, die sich über den Kapitalmarkt finanzieren – in Europa, ja speziell in Deutschland ist dies eine Minderheit. Deshalb soll das gerade entstehende, sowohl am Geschäftserfolg wie auch den externen Auswirkungen orientierte, Gesetzespaket der EU alle Marktteilnehmer zu einer gesamtgesellschaftlichen nachhaltigen Entwicklung verpflichten. Es ist die Antwort auf drei verlorene Jahrzehnte der freiwilligen Selbstverpflichtungen, die nichts gebracht haben. So hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir eine feste Rahmenordnung mit klaren Spielregeln für alle Marktteilnehmer brauchen, wenn nachhaltiges Handeln sich lohnen soll.
EU will eigene Berichtsstandards als Klammer
Besonders hervorzuheben ist daher das klare Bekenntnis der EU zu eigenen Berichtsstandards, die mehr Klarheit und Vergleichbarkeit schaffen sollen. Die Eindringlichkeit, mit der die FISMA diese im Text verankert hat, deutet auf eine klare Empfehlung zur Einführung hin. Dass die Umsetzung jetzt noch gekippt wird und die entsprechenden Stellen aus dem Gesetzesvorschlag entfernt werden, ist unwahrscheinlich. Sie sind der letzte Baustein, der die Lücke zwischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie, Taxonomie und Offenlegungsverordnung schließt.
Verstöße sind kein Kavaliersdelikt
Ein interessantes Detail findet sich im Artikel „Strafen“. Waren solche für einen Verstoß gegen die NFRD bisher den Mitgliedsstaaten überlassen, legt der Vorschlag zur CSRD nun Mindeststrafarten und Prozessvorgaben bei der Strafermittlung fest. Neben monetären Strafen wird auch eine Veröffentlichung des gegen das Gesetz verstoßenden Unternehmens sowie die Art des Verstoßes gefordert. Zwar handelt es sich um einen Verstoß gegen formale Kriterien und nicht um Inhalte. Intransparenz wird angeprangert, nicht ein ökologisches oder soziales Fehlverhalten. Allerdings kann aus dem Fehlen bestimmter Daten durchaus eine Ableitung getroffen werden, wo bei einer Analyse genauer hinzusehen ist.
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