„Den Menschen die Unsicherheiten nehmen“

Interview mit Steffen Bilger (MdB, CDU), dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)

Zu den aktuellen Herausforderungen in der Elektromobilität sprachen wir mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Steffen Bilger (MdB, CDU).

Für die meisten Autofahrer ist die mangelnde Dichte an Ladepunkten das Hauptargument gegen den Kauf eines Elektroautos. Wie beurteilen Sie den Ausbau des Netzes im laufenden Jahr 2021, und welche mittelfristige Entwicklung sehen Sie?

Mit der heutigen durchschnittlichen Batteriegröße und dem vorhandenen Ladenetz sind bereits alle Ziele in Deutschland erreichbar. Bei manchen Routen bedarf es aber noch einer sorgfältigen Reiseplanung. Genau hier wollen wir ansetzen und den Menschen die Unsicherheiten mit Blick auf die Reichweite nehmen und das Vertrauen in das Ladesystem weiter stärken. Wir brauchen bundesweit flächendeckende Lademöglichkeiten, die den rechnerischen Bedarf sogar übererfüllen. Nur so schaffen wir es, dass eine belegte Ladesäule nicht zu langen Wartezeiten führt. Unsere Ausschreibung für 1.000 Schnellladestandorte des „Deutschlandnetzes“ ist deshalb ein wichtiger Schritt: In ganz Deutschland wird so die nächste Schnelllademöglichkeit innerhalb weniger Minuten erreichbar.

In welcher Form fördert das Bundesverkehrsministerium die Elektromobilität?
@Andreas Essig

Für uns ist die Elektromobilität ein Schlüssel für die Gestaltung eines nachhaltigen Verkehrssystems. Zur Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehr brauchen wir rund 14 Millionen E-Fahrzeuge auf der Straße. Unser Förderschwerpunkt liegt auf der Beschaffung von E-Fahrzeugen sowie der dazugehörigen Ladeinfrastruktur für kommunale und gewerbliche Flotten. Denn diese Fahrzeuge haben die höchste Verkehrsleistung im innerstädtischen Umfeld. Darüber hinaus unterstützen wir kommunale und gewerbliche Elektromobilitätskonzepte sowie Forschungs- und Entwicklungsvorhaben.

Wegen der enormen Klimaschutzpotenziale durch den Wechsel des öffentlichen Personennahverkehrs und des Güterverkehrs auf batterie-elektrische Antriebe fördern wir zusätzlich die Beschaffung von elektrischen Bussen, Nutzfahrzeugen und Schienenfahrzeugen. Hierfür stehen Mittel in Milliardenhöhe zur Verfügung.

Bei den technischen Optionen für einen klimafreundlichen Individualverkehr scheint sich die Automobilindustrie mit nur wenigen Ausnahmen auf Elektrofahrzeuge und Batterien zu konzentrieren. Ist die Brennstoffzelle damit vom Tisch?

Nicht alle Kundenanforderungen können von Fahrzeugen mit batterieelektrischen Antrieben erfüllt werden. Deshalb können Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb eine sinnvolle Ergänzung zu batterie-elektrischen Fahrzeugen oder solchen mit synthetischen Kraftstoffen darstellen, insbesondere für große Pkw und Lkw, für Busse, Züge, aber auch für den Schiffs- und Flugverkehr. Deshalb verfolgen wir als BMVI auch einen technologieoffenen Ansatz.

Asiatische Hersteller beweisen seit Jahren auch im Pkw-Segment, dass die Brennstoff-zellentechnologie marktreif ist und die Brennstoffzellen-Pkw in Serie produziert werden können. Diese Hersteller skalieren aktuell ihre Produktionskapazitäten auf und investieren dabei auch in Produktionslinien außerhalb ihrer Heimatländer, insbesondere in China. Weitere OEMs aus Asien haben angekündigt, Wasserstoff-Pkw zu entwickeln. Deshalb ist es unser Ziel, die Preise für die Komponenten und Fahrzeuge in den nächsten Jahren weiter zu senken, damit ein größeres Fahrzeugangebot entsteht. Die Brennstoffzellenproduktion ist dabei eine deutsche Kernkompetenz. Vielen großen Unternehmen, aber auch vielen Mittelständlern, bietet die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie große Chancen — Stichwort Wertschöpfungstiefe. Deswegen fördert das BMVI nicht nur die Hersteller und die Anschaffung von Brennstoffzellenfahrzeugen, sondern nimmt auch gezielt die Zulieferindustrie und deren Zukunftsfähigkeit in den Blick.


Bild: Michael Fousert | Unsplash

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