Bundesregierung für nachhaltigen Konsum

Die Bundesregierung meint es ernst mit dem Umbau der Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit beim Konsum. Zumindest vermittelt sie diesen Eindruck, denn neuerdings werden die Verantwortlichkeiten mehrerer Ministerien in einem Kompetenzzentrum zusammengeführt. So entsteht ein zentraler Ansprechpartner, der vor allem die Umsetzung des Programms für nachhaltigen Konsum bundesweit voranbringen soll. Dass dieser schnell mit Verzicht gleichgesetzt wird, ist allerdings ein Trugschluss.

Bereits im Februar 2016 beschloss die Bundesregierung ihr Nachhaltigkeitsprogramm und machte damit ihr Engagement für die wenige Monate zuvor vereinbarten nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) deutlich. Im Programm benannte sie Ziele und Handlungsbedarfe und entwickelte darauf aufbauend ein Leitbild für eine Politik des nachhaltigen Konsums. Fünf Leitideen prägen dieses Bild:

– Verbraucherinnen und Verbrauchern nachhaltigen Konsum ermöglichen
– Nachhaltigen Konsum von der Nische zum Mainstream befördern
– Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen an nachhaltigem Konsum gewährleiste
– Lebenszyklusperspektive auf Produkte und Dienstleistungen anwenden
– Vom Produktfokus zur Systemsicht und vom Verbraucher zum Nutzer

Zusätzlich werden Handlungsansätze und Bedürfnisfelder definiert. Und schließlich ist die Rede von einem umfangreichen Kommunikations-Prozess, der möglichst viele Stakeholder einbeziehen soll. Diese weitreichende Bestandsaufnahme des Konsums in Deutschland macht deutlich: Es geht nicht nur darum, öfter mal den Nahverkehr statt das Auto zu nutzen. Es geht um viel mehr, nämlich um unseren Lebensstil. Und so kann das Programm der Bundesregierung auch als eine Art Anleitung für einen nachhaltigeren Lebensstil verstanden werden.

Den eigenen Lebensstil prüfen
Oft kommt es im Programm nicht vor, das Wort „Verzicht“. Gleichwohl ist es aus den Debatten um nachhaltigen Konsum nicht wegzudenken. Dabei geht es nicht immer um die Absenkung unseres Wohlstands, wie einige vermuten. Konsumenten haben viele Möglichkeiten, ihren Lebensstandard zu halten und gleichzeitig auf den Verbrauch von Ressourcen zu achten. Der WWF hat nachgerechnet, dass in Deutschland jährlich 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll landen. Verzicht würde hier bedeuten, nur so viel zu kaufen, wie man wirklich benötigt – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auch mit der Sharing Economy öffnen sich viele Möglichkeiten, den Wohlstand zu halten und gleichzeitig Ressourcen zu schonen. Der Verbraucherservice Bayern zeigt, dass sich in jedem Haushalt ungenutzte Gegenstände im Wert von 1.000 Euro befinden. Denn viele Gegenstände nutzen wir nur gelegentlich. Um deren Nutzen zu erhalten, würde ein praktikables Leihsystem ausreichen. Erfolgreiche Carsharingmodelle beweisen dies.

Gebündelte Kompetenz in einem Zentrum
Nachdem die Bundesregierung letztes Jahr ihr Programm für nachhaltigen Konsum vorgestellt hatte, tat sich lange wenig. Zumindest wurde wenig darüber kommuniziert. Vor allem aus der Wissenschaft kam schon bald die Kritik, dass die betreffenden Ministerien für Umwelt, Landwirtschaft und Verbraucherschutz kaum Maßnahmen einleiten würden, um die Ankündigungen des Programms auch umzusetzen. Das Kompetenzzentrum Nachhaltiger Konsum soll nun ein deutliches Signal dafür setzen, dass die Bundesregierung das Programm voranbringen möchte – und zwar bundesweit und über alle Ressorts hinweg. Am 23. März wurde es von Vertretern der genannten Ministerien offiziell eröffnet. Dr. Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium sagte in ihrer Rede: „Wir alle essen gut und gerne. Wir verbinden mit Essen Familie, Heimat und Wohlbefinden. Mit dem, was und wie wir essen, beeinflussen wir täglich unsere Gesundheit. Unser Verhalten wirkt sich aber auch aus auf Umwelt, Klima, Ressourcenverbrauch und Arbeitsbedingungen in der Lebensmittelkette. Hierzu wünschen sich viele Menschen mehr und unabhängige Informationen.“ Die Aufgabenbereiche des Kompetenzzentrums sind demgemäß breit definiert. Dass dafür beim Umweltbundesamt, wo das Nationale Kompetenzzentrum angesiedelt ist, nur 1,5 Stellen bewilligt sind, hat beim Bundesverband der Verbraucherzentralen zu entsprechender Kritik geführt.

Forschung für nachhaltigen Konsum stärken
Dass nachhaltiger Konsum ein wichtiger Stellhebel für eine zukunftsfähige Entwicklung des Landes sei, wird auch in Handlungsempfehlungen betont, die das Hightech-Forum Mitte Mai an die Bundesregierung übergeben hat. Konstatiert wird dort aber auch, dass noch immer viele Konsumenten bei ihren Kaufentscheidungen Nachhaltigkeitsaspekte ausblenden würden. Es müssten dringend Wege gefunden werden, wie die unterschiedlichen Verbrauchergruppen einbezogen werden können. Das nationale Programm für nachhaltigen Konsum sei deshalb um eine Forschungsstrategie zu ergänzen, die „Indikatoren für Fortschritte im nachhaltigen Konsum entwickelt, Anreizsysteme testet und die Aussagekraft der Ergebnisse prüft“ – so der Rat des Gremiums.

 

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