Auf einen Blick: Das deutsche Lieferketten­sorgfalts­pflichten­gesetz (LkSG)

Das Lieferkettengesetz – die 10 wichtigsten Fragen und Antworten

Die Menschenrechte in der Lieferkette kommen in den Fokus der Politik. Der Bundestag hat am 11. Juni 2021 ein Lieferkettengesetz beschlossen, am 25. Juni 2021 wurde es vom Bundesrat gebilligt. Hier werden die wichtigsten Fragen zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beantwortet.

Wie kam es zu dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)?

Die Bundesregierung will in Deutschland ansässige Unternehmen in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte stärker in die Verantwortung nehmen. Um das umzusetzen, hat die Bundesregierung zunächst auf freiwilliges Engagement gesetzt. Im Dezember 2016 hat sie den Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte (NAP) verabschiedet und einen Überprüfungsmechanismus eingerichtet. Das Ergebnis: Zu wenige Unternehmen – 20 Prozent 2019 und 17 Prozent 2020 – erfüllten die Anforderungen. Die Zielmarke von 50 Prozent war gerissen. Die NAP sah hier in diesem Fall statt einer freiwilligen Selbstverpflichtung gesetzliche Maßnahmen vor, genauso wie der Koalitionsvertrag. Mit dem LkSG setzt die Bundesregierung nun die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen verbindlich um. Dabei geht es um die Einhaltung grundlegender Menschenrechtsstandards wie des Verbots von Kinderarbeit und Zwangsarbeit.

Was will das Lieferkettengesetz erreichen?

Das LkSG setzt in Deutschland die Leitprinzipien der Vereinten Nationen (VN) für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 um und soll die menschenrechtliche Lage entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten in Deutschland und weltweit verbessern. Demnach sollen Unternehmen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht ausüben und grundlegende Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten achten. Auch Umweltbelange sind relevant, wenn sie zu Menschenrechtsverletzungen führen (z.B. durch vergiftetes Wasser).

Ab wann gilt das Lieferkettengesetz?

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gilt ab dem 01.01.2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiter:innen – und ab 01.01.2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen. Darin eingeschlossen sind Leiharbeitnehmer:innen, die über 6 Monate im Unternehmen angestellt sind, sowie ins Ausland entsandte Mitarbeiter.

Welche Unternehmen sind vom Lieferkettengesetz betroffen?

Jedes Unternehmen das die Hauptverwaltung, die Hauptniederlassung, den Verwaltungssitz oder den satzungsmäßigen Sitz in Deutschland hat, fällt unter die Regelung. Die Rechtsform des Unternehmens spielt keine Rolle.

Sind auch Tochterunternehmen im Ausland vom Lieferkettengesetz betroffen?

Tochterunternehmen im Ausland, auf die ein bestimmender Einfluss besteht, sind nicht von dem Gesetz ausgenommen: Kontrolliert zum Beispiel ein deutsches Unternehmen mit 3.000 Mitarbeiter:innen ein Tochterunternehmen im Ausland mit 1.500 Mitarbeiter:innen, fallen beide unter das LkSG. Dabei gelten kontrollierte Tochterunternehmen im Ausland nicht als „erste Zulieferer“, sondern werden zum eigenen Geschäftsbereich gerechnet. Nicht explizit geregelt ist, was in Bezug auf die unmittelbaren Zulieferer der kontrollierten Tochterunternehmen gilt. Hat das deutsche Unternehmen hingegen nur 2.999 Mitarbeiter:innen ist es gemeinsam mit bspw. ausländischen Töchtern vom Gesetz ausgenommen.

Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen in Deutschland mit der entsprechenden Mitarbeiter:innenanzahl müssen sich ebenfalls ab 2023 bzw. 2024 an das neue Gesetz halten.

Welche Anforderungen stellt das Lieferkettengesetz an die Unternehmen?

Um das Gesetz zu erfüllen, müssen Unternehmen fünf Kernelemente einführen und / oder vorantreiben:
1) Eine Grundsatzerklärung (§ 6) zu veröffentlichen, welche das Sorgfaltspflichtenverfahren beschreibt.
2) Ein Risikomanagement (§ 4) einführen und umsetzen, das in allen maßgeblichen Geschäftsabläufen verankert ist. Jenes Risikomanagement ist für eine jährliche sowie anlassbezogene Risikoanalyse (§ 5) verantwortlich. Die Analyse muss mindestens die menschenrechtlichen Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie bei seinen unmittelbaren Zulieferern (Tier 1) ermitteln. Welche Tools sich hierfür empfehlen, hängt ganz von Größe und Branche des Unternehmens ab.
3) Angemessene Präventions- und Abhilfemaßnahmen (§ 6) zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen ergreifen.
4) Ein unternehmensinternes Beschwerdeverfahren (§ 8) einrichten oder sich an einem externen Beschwerdemechanismus beteiligen.
5) Jährlich einen Bericht (§ 10) über die Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten erstellen und diesen auf seiner Internetseite für mindestens sieben Jahre öffentlich zugänglich machen; ob der Bericht bspw. in den Nachhaltigkeitsbericht integriert werden kann, bleibt abzuwarten.

Gilt die Umsetzung des Lieferkettengesetzes für die gesamte Lieferkette?

Die Sorgfaltspflichten der Unternehmen erstrecken sich grundsätzlich auf die gesamte Lieferkette – vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt. Dazu gehören auch Dienstleistungen, wie beispielsweise der Transport der Ware.

Die Anforderungen an die Unternehmen sind dabei abgestuft, insbesondere nach dem Einflussvermögen auf den Verursacher der Menschenrechtsverletzung sowie nach den unterschiedlichen Stufen in der Lieferkette. Das bedeutet etwa., dass eine Risikoanalyse zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte nur für den eigenen Geschäftsbereich und die unmittelbaren Zulieferer zu erstellen ist.

Bei mittelbaren Zulieferern (Tier 2 bis n) gelten die Sorgfaltspflichten nur anlassbezogen und nur, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß erlangt.

Was tun bei Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette?

Im Falle einer Rechtsverletzung im eigenen Geschäftsbereich im Inland müssen Unternehmen unverzüglich Maßnahmen ergreifen, die zwingend zur Beendigung der Verletzung führen. Im Falle einer Rechtsverletzung bei unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern, die nicht auf absehbare Zeit beendet werden kann, ist ein Plan zur Minimierung und Vermeidung zu erstellen.

Wer kontrolliert das Lieferkettengesetz?

Mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überprüft eine etablierte Behörde die Einhaltung des Gesetzes. Sie kontrolliert die Unternehmensberichte und geht eingereichten Beschwerden nach. Stellt sie Versäumnisse oder Verstöße fest, kann sie Bußgelder verhängen oder Unternehmen von der öffentlichen Beschaffung ausschließen.

Welche Strafen sind beim Lieferkettengesetz vorgesehen?

Es können Bußgelder von bis zu zwei Prozent des Vorjahresumsatzes entstehen. Ebenso kann es zu einem Ausschluss bei öffentlichen Ausschreibungen von bis zu drei Jahren kommen. Es gilt weiterhin die zivilrechtliche Haftung nach deutschem und internationalem Privatrecht. Das bedeutet, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Ausland die Möglichkeit haben, sich von NGOs oder Gewerkschaften mit Sitz in Deutschland in ihrem Gerichtsprozess vertreten zu lassen. Doch der Weg für Rechteinhaber:innen ist ein weiter, denn die Beweislast für die Verletzung von Sorgfaltspflichten liegt weiterhin bei den Geschädigten.

Das Gesetz schafft auch keine neuen zivilrechtlichen Haftungsregelungen – einer der großen Streitpunkte. Denn nur mit einer zivilrechtlichen Haftung hätten Betroffene gegen den Schadensverursacher einen Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens.

Einen aktuellen Blick auf das LkSG Anfang 2023 insbesondere mit Blick auf die praktische Umsetzung gibt es hier zu lesen.


Foto: Erik Odiin | Unsplash

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