Die Umsetzung des Lieferkettensorgfalts- pflichtengesetzes (LkSG)

Das LkSG gilt seit dem 1. Januar 2023 offiziell für Unternehmen in Deutschland mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden, ab nächstem Jahr sind auch solche mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden davon betroffen. Dennoch zeigen aktuelle Umfragen unter Unternehmensvertreter:innen weiter großen Handlungsbedarf beim aktiven Risikomanagement im eigenen Geschäftsbereich sowie in der Lieferkette auf. Die entsprechenden Lücken gilt es so schnell wie möglich zu schließen.

Wie weit sind die Unternehmen bei der Umsetzung des LkSG?

Laut einer Befragung der Einkaufsberatung Inverto zur Risikoprävention im Dezember 2022 haben sich nur ein Drittel der Firmen umfassend auf die Anforderungen vorbereitet. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. sowie des Software-Anbieters Integrity Next. Demnach haben nur 20 Prozent der befragten Unternehmen Prozesse aufgesetzt bzw. 30 Prozent Verantwortlichkeiten geregelt. Bei keiner der relevanten Anforderungen ist die Mehrheit der Unternehmen gut aufgestellt – gemeint sind das Risikomanagementsystem, die erforderliche Risikoanalyse, Präventions- oder Abhilfemaßnahmen oder ein adäquates Beschwerdemanagement.

Die Studien sind zwar nicht repräsentativ, decken sich aber mit dem Eindruck der meisten Expert:innen. Ähnlich bewertet unsere verantwortliche Managerin Katharina Schmid die aktuelle Lage: „In vielen Erstgesprächen mit Unternehmen bemerken wir, dass die Tragweite des Gesetzes nicht verstanden wurde und damit nicht genügend Ressourcen vorhanden sind.“ Im Handelsblatt äußerten mehrere Unternehmensvertreter:innen, dass sie sich derzeit bei der Umsetzung des LkSG überfordert fühlen.

Warum haben viele Unternehmen das LkSG noch nicht ausreichend umgesetzt?

Bislang wurde der Aufwand unterschätzt, um die Anforderungen umzusetzen. Eines dieser Missverständnisse betrifft den Scope: So ist vom LkSG der gesamte eigene Geschäftsbereich betroffen, was in vielen Fällen Tochtergesellschaften oder Joint Ventures im Ausland miteinschließt. Entsprechend groß ist die Lieferantenbasis, die bei der Risikoanalyse und den Abhilfemaßnahmen betrachtet werden muss. Die Erfassung der relevanten Risikodaten aus Sekundär- und Primärquellen ist also sehr komplex. Bei einem produzierenden Mittelständler mit Milliardenumsatz und internationaler Präsenz liegt allein die Zahl der direkten Zulieferer schnell im fünfstelligen Bereich. Umgekehrt fallen auch Zweigniederlassungen von Unternehmen mit ausländischem Hauptsitz unter das LkSG. Für sie braucht es möglicherweise einen standortspezifischen Due-Diligence-Prozess unabhängig von der ausländischen Muttergesellschaft.

Eine weitere Wissenslücke hängt mit der Implementierung zusammen. Anders als bei anderen Gesetzen handelt es sich beim LkSG um prozessuale Vorgaben, die es schrittweise im Kerngeschäft des Unternehmens bzw. in verschiedenen Abteilungen zu verankern und weiterzuentwickeln gilt. Damit erfordert das LkSG keine reine Erfüllung rechtlicher Vorgaben, sondern darüber hinaus eine strukturierte, interdisziplinäre Neugestaltung interner Prozesse.

Einige Unternehmen beklagen, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) würde mit dem Fragenkatalog mehr fordern als das LkSG. Wie lässt sich mit den komplexen Anforderungen des BAFA umgehen?

Das BAFA hat den Fragenkatalog Mitte Oktober des vergangenen Jahres veröffentlicht, der 437 Fragen enthält. Die Handreichung zum Prinzip der Angemessenheit erschien kurz vor Weihnachten 2022. Verständlicherweise haben sich somit nicht alle detaillierten Anforderungen bis zum Inkrafttreten des LkSG offenlegen lassen. Gleichzeitig fordert das BAFA nicht für jede Frage ausgereifte Antworten, sondern achtet vor allem auf plausible Darlegungen. Im Frühjahr soll darüber hinaus eine Online-Eingabemaske die Beantwortung des Fragenkatalogs erleichtern.

Unsere Managerin Katharina Schmid rät vor allem dazu, sich auf den Weg zu machen: „Die Unternehmen sollten den Fragenkatalog und auch die Handreichungen als Anforderungsbeschreibung nutzen, sich von der Detailtiefe jedoch nicht lähmen lassen. Eine adäquate Umsetzung erfolgt in mehreren Schritten, braucht Zeit und erfordert eine durchdachte Priorisierung.“

Was sind die größten Stolpersteine bei der Umsetzung der Sorgfaltspflicht?

Unserer bisherigen Projekterfahrung nach steht und fällt die Due Diligence in der Lieferkette mit zwei zentralen Voraussetzungen: einem systematischen Risikomanagementansatz sowie einer guten Datenverfügbarkeit und -qualität.

Ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanagementansatzes sind klare Verantwortlichkeiten. Welche Mitarbeitende/ Abteilungen sind jeweils für die konkrete Umsetzung der Kernelemente des LkSGs zuständig? Und wer übernimmt die Revisionsrolle des Menschenrechtsbeauftragten – und damit das interne Reporting an die Führungsebene? Bei vielen Unternehmen sind diese Managementaufgaben weder klar verteilt noch genießen sie bisher die nötige Relevanz. Darüber hinaus geht es um die Orchestrierung der konkreten Umsetzung sowie die Etablierung reibungsloser Prozesse.

Prozessuale Stolpersteine liegen dabei vor allem in der Verfügbarkeit relevanter Daten begründet. Mangelhaft gepflegte Stamm- und Organisationsdaten sind dafür meist die Ursache. Wichtige Kennziffern – wie etwa der Gesamtumsatz des Lieferanten – werden noch nicht systematisch erhoben. Im indirekten Einkauf sind die Lücken noch viel größer und müssen nun effizient geschlossen werden. Extern sieht es auch nicht besser aus. Die öffentliche Datenlandschaft zu Menschenrechten und darauf bezogene Umweltstandards ist teils veraltet, in der Länderabdeckung lückenhaft und zu grobgranular – besonders im Bereich der Geschäftszweck- oder Warengruppenrisiken. Jene Aussagekraft der Daten bildet jedoch das Fundament der Due Diligence-Prozesse bzw. der Risikoanalyse. Es braucht belastbare Ergebnisse, die auch vom Unternehmen selbst verstanden werden, um zielgerichtete Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu entwickeln.

Welche mittel- bis langfristigen Vorteile bietet eine prozessuale Verankerung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette?

Das LkSG sollte nicht einzeln betrachtet werden, sondern dient ebenso als Baustein zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Zudem arbeitet die EU aktuell an der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Das LkSG bietet demnach deutschen Unternehmen einen Vorsprung, meint unsere Managerin Katharina Schmid: „Wer sich umfassend mit dem LkSG auseinandersetzt und prozessuale Strukturen aufbaut, verschafft sich mit Blick auf die weitere Regulatorik einen Wettbewerbsvorteil.“ Daneben stärkt eine strategische Ausrichtung auf nachhaltigere Lieferketten die künftige Resilienz der Unternehmen. Schließlich sorgt eine höhere Transparenz zwischen dem Unternehmen und seinen Zulieferern auch dafür, schneller auf etwaige Lieferschwierigkeiten reagieren zu können. Eine längerfristig angelegte Arbeit an Due Diligence Prozessen in der Lieferkette sollte sich also auch ökonomisch auszahlen.

Webtalk-Reihe gibt praktische Umsetzungstipps

Wir von akzente – Part of Accenture setzen aktuell die vierteilige Webtalk-Reihe „LkSG in der Praxis“ um, bei der wir mit Expert:innen aus der Politik und Unternehmen sowie von NGOs über die praktische Umsetzung des LkSGs sprechen. Unsere Webtalks finden online statt und sind kostenlos.

Die Aufzeichnungen der bereits erfolgten Webtalks Teil I – Risikoanalyse und Teil II – Präventions- und Abhilfemaßnahmen finden Sie hier. Die nächsten Webtalks finden zur Grundsatzerklärung am 07. Februar um 10 Uhr sowie am 02. März, ebenfalls um 10 Uhr zum Beschwerdemechanismus statt.

Zur Anmeldung für den Webtalk zur Grundsatzerklärung geht es hier, für mehr Informationen zu dem Event hier.

Weitere Information zum LkSG bietet dieser Blogbeitrag: Auf einen Blick – das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

 


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Webtalk-Reihe LkSG in der Praxis (3/4): Grundsatzerklärung – jetzt anmelden

Das LkSG fordert Unternehmen auf, ein angemessenes und wirksames Risikomanagement zu etablieren, das in alle maßgeblichen Geschäftsabläufe integriert ist – also sowohl in der Lieferkette als auch im eigenen Geschäftsbereich. Wirksam ist das Risikomanagement, wenn menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken erkannt, ihnen vorgebeugt und sie minimiert oder beendet werden. In den beiden vorangegangenen Teilen unserer Webtalk-Reihe (auf unserem YouTube-Kanal nachzusehen) haben wir uns bereits mit der Risikoanalyse sowie mit den Präventions- und Abhilfemaßnahmen zur Erfüllung der unternehmerischen Sorgfaltspflicht beschäftigt. Was gehört noch zu den erforderlichen Bausteinen des Gesetzes?

Das LkSG verpflichtet Unternehmen zur Abgabe einer Grundsatzerklärung über ihre Menschenrechtsstrategie. Konkret müssen Unternehmen in dieser Erklärung ihre – im Rahmen der Risikoanalyse festgestellten – prioritären umweltbezogenen und menschenrechtlichen Risiken benennen. Zudem sollen sie die daraus abgeleiteten Maßnahmen zur Prävention und Abhilfe sowie die verfügbaren Beschwerdemechanismen beschreiben.

Welche weiteren inhaltlichen Anforderungen sind von Unternehmen zu erfüllen, um eine Grundsatzerklärung zu erstellen? Welche Formalia sind zu beachten? Im dritten Teil unserer Webtalk-Reihe geben wir einen Überblick zu den Anforderungen an die Grundsatzerklärung sowie zum Prozess der Erstellung – von der Vorbereitung bis zur Veröffentlichung.


Webtalk-Reihe „LkSG in der Praxis“ 3/4: Grundsatzerklärung am 07. Februar 2023 von 10.00 bis 11.30 Uhr


Unsere Associate Managerin Kathrin Krüger wird in einem Impulsvortrag ausgewählte Highlights aus unserer Benchmark-Analyse bereits veröffentlichter Grundsatzerklärungen präsentieren. Neben diesem Blick in die Praxis wird sie kritische Erfolgsfaktoren und Qualitätsmerkmale bei der konkreten Umsetzung beleuchten.

Anschließend diskutiert sie gemeinsam mit ausgewählten Expert:innen die Erwartungshaltung an Unternehmen und Erfahrungen aus der Praxis.

Diese Expert:innen sind:

Die Teilnahme ist kostenlos. Jetzt anmelden und mitdiskutieren!

Wir freuen uns auf Sie!