Städte in Bewegung

  • Städte wachsen weltweit und stellen neue Herausforderungen an Mobilitätskonzepte.
  • Digitalisierung, Sharing-Systeme und Multimodalität sind zentrale Elemente für die urbane Mobilität der Zukunft.
  • Ein Wandel von autogerechten hin zu menschenorientierten Städten kann das Stadtbild verändern und die Lebensqualität beeinflussen.

Lebensräume, Wachstumsmotoren, Wirtschaftszentren – Städte sind komplexe Gebilde und haben politische, ökonomische wie auch soziale Bedeutung für unser Zusammenleben. Sie wachsen weltweit und rasant. Der Grund ist neben dem natürlichen Bevölkerungswachstum die Tatsache, dass immer mehr Menschen vom Land in die Stadt ziehen. Für bessere Lebensbedingungen, vielfältige Jobmöglichkeiten, kulturelle Angebote und den Zugang zu Bildung. Laut Prognosen wird es bis 2030 weltweit mehr als 500 Städte mit über einer Million Einwohnern geben.

Lebten 1950 nur rund 30 Prozent der Bevölkerung in Städten, so werden es 2050 bis zu 70 Prozent sein. Die entstehenden und wachsenden Ballungsräume erfordern eine Anpassung an diese Entwicklung und den Ausbau ihrer Infrastrukturen. Neben der Grundversorgung mit Wasser und Strom sowie einem funktionierenden Abfallsystem ist die Mobilität ein entscheidender Faktor: Denn mit der Einwohnerzahl wachsen auch die Verkehrsprobleme innerhalb von Städten.

Mobilität schafft Lebensqualität

Mobilität ist ein Grundbedürfnis und Treiber von gesellschaftlicher Teilhabe, Kreativität und persönlichem Wohlbefinden. Damit Städte weiterhin attraktive und lebenswerte Orte bleiben, ist eine Veränderung der Mobilitätsstrukturen dringend erforderlich. Zum einen, damit die hohe Anzahl der Menschen täglich sicher und schnell an ihr Ziel kommt. Und zum anderen, um die Städte klimafreundlicher zu gestalten. In Deutschland ist der Verkehr mit einem Anteil von 18 Prozent drittgrößter Verursacher von Treibhausgasemissionen.

Klimafreundliche Mobilitätskonzepte sind damit entscheidend für die nachhaltige Zukunft von Großstädten. Um Städte wieder zu sauberen, gesunden und damit lebenswerten Orten zu machen, sind intelligente Lösungen gefragt. Nach einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach ist fast die Hälfte der Bevölkerung davon überzeugt, dass im Bereich Mobilität und Verkehr ein Umdenken notwendig ist.

Intelligent, vernetzt, geteilt

Vernetzung, Sharing-Systeme und integrative Konzepte sind die Schlüsselelemente für die Mobilität der Zukunft. Ob Fahrrad, Bus, Bahn, Roller oder Auto: Die einzelnen und mittlerweile vielfältigen Verkehrsmittel werden künftig nicht mehr separat voneinander betrachtet, sondern vielmehr multimodal – je nach Situation und individuellem Bedarf werden verschiedene und nicht nur eine Mobilitätsform genutzt.

Dafür müssen die Verkehrsmittel digital untereinander sowie mit Infrastrukturen vernetzt sein. Aus den einzelnen Elementen entsteht auf diese Weise ein ganzheitliches Angebot. Trotz vieler Entwicklungen und neuer Angebote steigt die Autodichte in Deutschland weiter an. 2018 lag sie bei 568 Pkw je 1.000 Einwohner. Das Paradoxe: Gleichzeitig werden die Privatfahrzeuge immer weniger eingesetzt. Rund 94 Prozent der nutzbaren Zeit steht ein Pkw heutzutage einfach nur herum – und das häufig im öffentlichen Raum.

Abkehr von der autogerechten Stadt

In der Stadtplanung wurde das Hauptaugenmerk lange Zeit auf das Auto und einen ungehindert fließenden Verkehr gelegt. Mit der Förderung von Carsharing-Angeboten, durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und von Radwegen könnte die Anzahl privater Pkw in den Städten deutlich verringert werden. Die Akzeptanz scheint in Deutschland vorhanden zu sein: Laut einer Umfrage des Umweltbundesamts wünschen sich über drei Viertel der Bevölkerung eine Stadtentwicklung, die Alternativen zum Auto stärkt.

In der Folge würden die Stadtbewohner wieder mehr nutzbare öffentliche Flächen erhalten, indem bestehende Parkplätze oder mehrspurige Straßen umfunktioniert werden. Sie schaffen Platz für Begegnungen und soziale Interaktion und können das Stadtbild erkennbar verändern. Der Fokus innerhalb der Stadt wird so vom Automobil wieder auf den Menschen verlagert.

Unterwegs auf neuen Wegen

Aktuelle Entwicklungen machen es deutlich: Die Mobilität befindet sich im Wandel. Vom gegenwärtig diskutierten E-Scooter bis hin zu futuristischen Wasserstoff-Flugtaxis – Alternativen zu den herkömmlichen Verkehrsmitteln sind gefragt, Konzepte werden erarbeitet und technische Innovationen diskutiert. Inwieweit die Probleme in den Städten durch die neuen Entwicklungen gelöst werden und wie alltags- und massentauglich sie sein werden, bleibt abzuwarten.

 

Foto: Tiffany Nutt | Unsplash

Alternative Antriebe: Alles auf Los?

Der Klimaschutz erfordert die rasche Reduktion der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs, und die Städte fordern sauberere Luft. Dafür müssen die Automobilhersteller einen neuen Kurs einschlagen und die Politik einen klaren Rahmen setzen. Damit verbunden steht die Frage im Raum: Welche alternativen Antriebstechnologien taugen für den Massenmarkt und welche sind wirklich zukunftsfähig?

Zur Bedeutung alternativer Antriebe für das Erreichen der Klimaziele, zur Frage nach den richtigen Technologien und zu den Handlungsmöglichkeiten der Politik sprachen wir mit der Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig, Vorsitzende der Verkehrskommission der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU.

 

Die Regierungskommission für den Verkehrsbereich konnte jüngst keine Einigung erzielen, wie die Klimaziele erreicht werden sollen. Welchen Beitrag können alternative Antriebe in Ihren Augen leisten?

In der Koalition haben wir ein Klimaschutzgesetz vereinbart, mit dem wir Maßnahmen bündeln wollen, um die Klimaziele, zu denen wir uns international verpflichtet haben, zu erreichen. Dabei spielen im Verkehrssektor auch alternative Antriebe eine wichtige Rolle. Das Gesetz befindet sich derzeit in der Beratung. Ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende eine gute Grundlage haben werden.

Um eine ehrliche Energiebilanz zu erstellen, ist allerdings nicht nur der CO2-Ausstoß der Fahrzeuge im Straßenverkehr zu betrachten, sondern auch die gesamte Herstellungskette von der Rohstoffgewinnung bis zur Verarbeitung und darüber hinaus. Pkw und Lkw verursachen zusammen 96 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehrsbereich. Das zeigt, dass hier bei einem Umstieg auf alternative Antriebe auch der höchste Einspareffekt erzielt werden kann.

 

In Deutschland scheint die Diskussion noch unentschieden, ob der Fokus auf der E-Mobilität liegen oder ob technologieoffen gefördert werden soll. Wie schätzen Sie das Stimmungsbild ein?

Technologieoffenheit ist für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion von entscheidender Bedeutung. Derzeit wissen wir noch nicht, welche alternative Antriebsart auf lange Sicht am erfolgreichsten und effizientesten sein wird. Daher ist es richtig, sich nicht einseitig auf die batteriegetriebene E-Mobilität zu konzentrieren. Aktuell fördern wir über verschiedene Programme die Wasserstoff- und die Brennstoffzellentechnologie sowie den Umstieg auf Flüssiggasantrieb bei Lkw.

Darüber hinaus haben wir im vergangenen Jahr eine Förderrichtlinie für energieeffiziente und CO2-arme Lkw gestartet. Damit unterstützen wir Speditionen, auf umweltfreundliche Lkw umzusteigen. Von dem Umstieg profitieren alle – die Speditionen, die Umwelt und die Anwohner besonders belasteter Straßen. Der Zuschuss beträgt bis zu 500.000 Euro pro Unternehmen. Auch das ein wichtiger Schritt in Richtung umweltfreundliche Mobilität.

 

Worin sehen Sie jenseits der Regulierung aktuell die größten Treiber für eine nachhaltige Mobilität in Deutschland und Europa?

Der Automobilmarkt hat im Bereich nachhaltige Mobilität sehr an Dynamik gewonnen. Insbesondere bei der Elektromobilität holen die deutschen Hersteller auf. Hintergrund ist vermutlich nicht zuletzt die Konkurrenz aus Asien. Wenn man die Investitionsankündigungen für die kommenden zehn Jahre betrachtet, lässt sich erahnen, wie schnell die Entwicklung weitergehen wird: Die Volkswagen AG, Daimler Gruppe und BMW Group wollen insgesamt rund 140 Milliarden Dollar in alternative Antriebe investieren.

Es sind aber nicht nur politische oder wirtschaftliche Entscheidungen. Ich glaube, dass bei vielen Menschen ein Umdenken stattgefunden hat, was die Nachhaltigkeit der eigenen Lebensführung angeht. Das betrifft nicht nur die Mobilität, sondern auch andere Lebensbereiche. Es gibt mittlerweile ein viel größeres Bewusstsein für die Ressourcen, die wir täglich verbrauchen. Das spiegelt sich auch in der Mobilität wider und dem Wunsch, hier umweltbewusster werden zu wollen.

 

Fotograf: Tobias Koch
Interviewpartnerin Daniela Ludwig, Mitglied des Bundestags und Vorsitzende der Verkehrskommission der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (Foto: Tobias Koch)

 

Das vollständige Interview und weitere Informationen zu alternativen Antrieben und nachhaltigkeitsrelevanten Entwicklungen in Berlin und Brüssel finden Sie im aktuellen Politikmonitor.

 

Titelbild: bannafarsai-stock.adobe.com

Politikmonitor: Alternative Antriebe

Mit dem Politikmonitor Nachhaltigkeit berichten wir seit 2015 regelmäßig zu Themen, Veranstaltungen und regulatorischen Entwicklungen aus Brüssel und Berlin. Denn politische Diskussionen und Rahmenbedingungen bestimmen immer stärker, wie eine nachhaltige Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft ausgestaltet wird. Mit unserem Politikmonitor wollen wir Einblicke geben, Überblick schaffen und Ausblicke versuchen.